WIRTSCHAFTSECHO, Oktober/November 2009

Griechisch, Russisch oder doch Arabisch?
BG Media Design GmbH – Layoutsatz-Leistungen in mehr als 40 Sprachen – Zwei zufriedene Geschäftsführer, die sich sehr gut ergänzen

Es verfügt über ein großzügiges Glasdach, und wenn man genau hinschaut, wird man im Innern auch eine angedeutete Seufzerbrücke entdecken: Das von einem italienischen Architekten gestaltete Innovarium in Darmstadt-Arheilgen ist ein lichtdurchflutetes und dadurch freundliches Bürogebäude. Zur ruhigen und sonnigen Südseite hin hat die 2006 gegründete BG Media Design GmbH ihren Sitz. Ihre Geschäftsführer Harald Billinger (57) und Christian Gerritzen (48) sind nach wie vor froh, seinerzeit den Schritt in die Selbstständigkeit gemacht und diesen Standort gewählt zu haben. »Es hat mir noch keine Sekunde leid getan«, betont Gerritzen.

Kennengelernt haben sich beide etwa eineinhalb Jahrzehnte zuvor als Angestellte einer Satzservice-Gesellschaft in Frankfurt, wo Harald Billinger als Betriebsleiter auf Seiten der Geschäftsführung stand, während Christian Gerritzen zunächst »nur« als Setzer mitarbeitete, später als Systemadministrator den reibungslosen Betrieb gewährleistete.

Mit den Mormonen fing alles an
In dieser Zeit liegen auch die Wurzeln ihrer heutigen Geschäftstätigkeit, denn das Frankfurter Unternehmen hatte sich auf Übersetzungen und fremdsprachigen Layoutsatz spezialisiert. Hauptkunde war die Religionsgemeinschaft »Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage«, besser bekannt als »Mormonen« mit Hauptsitz in Salt Lake City. Diese ließen sich Druckerzeugnisse, die sie für ihre Missionstätigkeit brauchten, in west- und nordeuropäische Sprachen übertragen. Mit dem Fall des »Eisernen Vorhangs« kamen dann auch zahlreiche osteuropäische Sprachen hinzu. Sprach- und Trennprogramme dafür gab es damals so gut wie keine, sie wurden von Harald Billinger aufwendig selbst entwickelt. Nach und nach wurden auch andere Unternehmen auf die Sprachkompetenz der Frankfurter aufmerksam, und mit der Schott AG aus Mainz, Audi aus Ingolstadt oder auch Swarovski mit Stammsitz in Wattens bei Innsbruck wurden namhafte neue Kunden hinzugewonnen. Mit ihnen erwarb man schließlich auch Kompetenzen für gängige asiatische Sprachen wie Chinesisch, Japanisch, Thailändisch oder Vietnamesisch.

Doch 2005 musste das Frankfurter Satzunternehmen Insolvenz anmelden. Plötzlich standen die Mitarbeiter vor der Arbeitslosigkeit. Nach kurzem Überlegen, was für sie das Beste wäre, beschlossen Billinger und Gerritzen, sich zusammenzutun und ein eigenes kleines Unternehmen zu gründen. Denn sie hatten nach wie vor Freude an der Arbeit, wollten die Kunden nicht im Stich lassen – und hatten die nötigen Kontakte über Billinger und das Know-how dank Gerritzen. Der Bob-Dylan-Song »Po’ Boy« machte Christian Gerritzen in dieser Phase Mut. »Darin gibt es die Zeile ,The game is the same, it’s just up on another level, sagt Christian Gerritzen, dem man anmerkt, dass er über seinen damaligen Entschluss immer noch sehr froh ist. Zum Weitermachen ermutigt wurden sie teilweise auch von den Alt-Kunden, die zufrieden waren, ihre Aufträge in bewährten Händen zu wissen.

Heute hat die BG Media Design GmbH neben ihren beiden Geschäftsführern drei Mitarbeiterinnen. Harald Billinger kümmert sich um die kaufmännischen Aspekte und die Kundenbetreuung, Christian Gerritzen um die Abwicklung der Aufträge und alles, was mit der Technik zu tun hat. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete man einen Umsatz in Höhe von etwa einer Million Euro. Zu den Kunden gehören Industrieunternehmen wie Fresenius Medical Care, Werbeagenturen und Marketingorganisationen wie die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) oder auch Druckereien. Neben fremdsprachigem Layoutsatz im gewünschten Dateiformat bietet das Unternehmen auch komplette Layoutarbeiten an. So wurde in den vergangenen Jahren beispielsweise das Layout des FZJahresberichts der KfW Entwicklungsbank erstellt. Darüber hinaus ist man mithilfe zuverlässiger Medienpartner in der Lage, den Kunden komplette Produkte anzubieten. Kompetenz selbst bei exotischen Schriftzeichen Die Domäne des Unternehmens bleiben jedoch die Fremdsprachen. Etwa 40 beherrscht man bei der BG Media Design GmbH mittlerweile, darunter so exotische wie das westindische Gujarati. Beherrschen heißt, dass man sich die Eigenheiten der Sprachen angeeignet hat, dass man beispielsweise weiß, dass im Ungarischen bei bestimmten Trennungen Buchstaben wiederholt werden müssen oder im Polnischen einzelne Buchstaben zwingend in die untere Zeile gehören – was normale Computerprogramme in der Regel ignorieren.

Für die Übertragung von einer Sprache (für gewöhnlich Deutsch oder Englisch) in die gewünschte Zielsprache steht der BG Media Design GmbH ein Pool aus etwa 300 bis 400 Übersetzern zur Verfügung. Zur Gewährleistung der Qualität verlässt man sich nur auf Diplom-Übersetzer, die in der jeweiligen Zielsprache Muttersprachler sind und nachweisen können, dass sie Spezialisten auf den Fachgebieten (beispielsweise Medizin oder Technik) sind, die der jeweilige Text verlangt. Auch an sich selbst stellt man hohe Ansprüche und möchte, dass die fremdsprachigen Layouts nicht aussehen wie Kopien, wie Übertragungen in eine andere Sprache, sondern wie Originale, wie speziell für das jeweilige Land angefertigte Erzeugnisse.

Eine gewisse Affinität zu Sprachen ist für diese Arbeit eine fast schon zwingend notwendige Voraussetzung. Bei Christian Gerritzen ist sie sehr ausgeprägt: So spricht er sehr gut Englisch, hat Französisch gelernt, während seines Studiums das auf hebräischen Zeichen basierende Jiddisch kennengelernt, ist mit einer Spanierin verheiratet und fährt gerne nach Skandinavien. »Arabisch ist mein nächstes Thema. Nur an die asiatischen Sprachen traue ich mich nicht ran, das macht aber mein Sohn inzwischen, der lernt Japanisch«, berichtet er schmunzelnd. Der Tüftler Gerritzen liebt neue Herausforderungen und erinnert sich an einen Auftrag, der leider nicht zustande kam: Er sollte ein Layout in eine Inuit-Sprache übertragen, deren Schrift nur auf wenigen Grundformen basiert und beispielsweise Vokale durch Dreiecke darstellt, die in verschiedene Richtungen weisen. »Ich habe mich eingelesen, vorbereitet, zwar nicht genau gewusst, wie ich es machen soll, aber mich darauf gefreut.« Doch dann stellte der Auftraggeber fest, dass die Sprache nur von sehr wenigen Menschen gesprochen wird, die dann mit einer dänischen Ausgabe ihres Druckerzeugnisses vorlieb nehmen mussten.

Harald Billinger berichtet von einem anderen interessanten Fall, der sehr anschaulich illustriert, wo sich die BG Media Design GmbH auf dem Dienstleister-Markt positioniert hat: Vor einiger Zeit hatte eine österreichische Agentur drei, vier Tage lang versucht, einen Prospekt auf Arabisch zu erstellen. Da man das notwendige Know-how nicht hatte, sprich die Eigenheiten der arabischen Schriftsprache nicht kannte und auch nicht über die entsprechenden Werkzeuge verfügte, konnten die Mitarbeiter mit der Übersetzung des Dolmetschers und seinen Anmerkungen nichts anfangen und sie nicht umsetzen. Entnervt schalteten sie die BG Media Design GmbH ein, auf die sie von einer Partneragentur aufmerksam gemacht wurden, und die erledigte den Auftrag dann innerhalb von zweieinhalb Stunden.

Bei der Frage nach der Zukunft des Unternehmens geben sich Harald Billinger und Christian Gerritzen bescheiden: Man sei zufrieden mit der derzeitigen Situation, mache zwar keine Riesengewinne, könne aber jederzeit kostendeckend arbeiten. In punkto Expansion ist man eher vorsichtig: Natürlich geben mehr Kunden auch mehr Sicherheit, aber, und das wissen sie aus eigener schmerzlicher Erfahrung, ein zu großer Angestelltenapparat steht bei nachlassender Auftragslage auch schnell ohne Beschäftigung da. Auf eines möchte Christian Gerritzen aber auf jeden Fall nicht verzichten: »Selbst mitzuarbeiten, denn das macht mir immer noch Spaß.«

     
Harald Billinger
Der gebürtige Darmstädter absolvierte von 1967 bis 1970 in seiner Heimatstadt eine Ausbildung zum Schriftsetzer. Zwischen 1971 und 1980 arbeitete Harald Billinger für einen Darmstädter Verlag als Filmsatzmontierer, bis 1986 im gleichen Beruf für ein Satzservice-Unternehmen in Frankfurt. 1986 bis 2005 war er dort schließlich als technischer Betriebsleiter tätig. Er ist verheiratet, bereits glücklicher Großvater und lebt in Weiterstadt. Seine Freizeit widmet er dem Garten, der Pflege von Freundschaften, der Weiterbildung und natürlich dem Enkel.
  Christian Gerritzen
Nach dem Abitur machte der Duisburger Christian Gerritzen erst eine Ausbildung zum Sortimentsbuchhändler (1980 bis 1983), anschließend studierte er Germanistik, Englische Literatur und Katholische Theologie (1983 bis 1989). Nach einer Tätigkeit als Verlagslektor (1989 bis 1991) war er bis 2005 beim selben Frankfurter Unternehmen tätig wie Harald Billinger, zunächst als Mac- Operator, später auch als Systemadministrator. Er ist verheiratet, hat zwei Söhne und lebt in Dreieich. In seiner Freizeit geht er vielfältigen Interessen wie Musik, Literatur und Film nach.